Immer mehr Tech Startups im KI-Bereich
Im Alltag, auf Messen, in den Medien – an Diskussionen über Künstliche Intelligenz (KI) führt mittlerweile kein Weg vorbei. Spätestens seit dem Boom von Large Language Models (LLM), wie ChatGPT, ist auch der breiten Öffentlichkeit klar, welches Potential hinter der Technologie steckt. Für junge Unternehmen hat sie sich hingegen zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor entwickelt: Laut dem deutschen Startup-Monitor setzen mittlerweile 82 % der befragten Startups auf KI-Tools, um ihre Geschäftsprozesse zu optimieren. Damit liegen sie deutlich vor größeren Unternehmen. Und auch die Politik steht unter Zugzwang: Im Innovationswettlauf und für die künftige Stärke der deutschen Wirtschaft spielt KI eine zentrale Rolle, wie Tech-Investor Philipp Klöckner auf der Hinterland of Things 2023 klar gemacht hat:
„Die deutsche Wirtschaft wird nur halb so langsam wachsen, wenn wir KI nicht einsetzen“
Tech-Investor Philipp Klöckner auf der Hinterland of Things 2023
Wie Tech Startups das Potential von KI nutzen können
Das Potential von KI zeigt sich auch in ihrer vielfältigen Einsatzmöglichkeit. Vom Bildungssektor über die Logistik bis zur Finanzbranche – in nahezu jeder Industrie finden sich Prozesse, für die Tech Startups innovative KI-Lösungen anbieten können. Die folgenden Beispiele zeigen, wie solche Use-Cases aussehen können:
- Edyoucated: Lernen ist individuell. Eigenes Tempo, eigene Methode, eigene Inhalte – sowohl Schulen als auch Unternehmen haben das Problem, ihre Bildungsangebote an verschiedene Bedürfnisse anzupassen. Das Münsteraner EdTech Edyoucated hat daher ein KI-Tool entwickelt, das die persönliche Lernweise auswertet und auf die Ansprüche des Einzelnen zuschneiden kann.
- VisionAI: Große Plattformen wie Amazon dominieren den Online-Handel – nicht zuletzt wegen ihrer riesigen Menge an Daten. Kleine Händler:innen sind daher oft auf diese Shops angewiesen. VisionAI hat in seiner visuellen KI mehr als 30 Mio. Bilder von Produkten eingelesen und ausgewertet. Händler:innen können dieses Tool für ihre Website nutzen, um beispielsweise Empfehlungen für ähnliche Produkte zu liefern und ihren Online-Shop zu optimieren.
- ladeplan: Um die Elektromobilität weiter auszubauen, ist vor allem ein zuverlässiges Netz mit Ladesäulen entscheidend. Das Paderborner Startup ladeplan hat daher ein KI-Tool entwickelt, das Daten über die Auslastung verschiedener Ladestationen analysiert. Ladesäulenbetreiber und Kommunen können dies beispielsweise dazu nutzen, um das Potential neuer Standorte für Ladeinfrastruktur abzuschätzen.
- Semalytix: Wie genau wirken Medikamente oder Behandlungen? Im medizinischen Bereich sind Erfahrungsberichte von Patienten eine wertvolle Informationsquelle. Das Bielefelder Startup Semalytix bietet daher ein KI-Analysetool, das verschiedenste Datenquellen wie soziale Medien erfasst und derartige Erfahrungen auswertet. Ärzt:innen können auf diese Weise völlig neue Erkenntnisse zur Wirkung ihrer Behandlungen gewinnen.
Die Beispiele verdeutlichen, wie vielfältig Tech Startups KI einsetzen können. Vor allem im B2B-Bereich ist das attraktiv, da sich die Lösungen nicht auf eine bestimmte Branche beschränken müssen. Ein KI-Analysetool zur Prognose von Umsätzen wäre beispielsweise nicht nur für den Einzelhandel, sondern auch die Logistik oder den Finanzsektor relevant.
KI allein ist noch kein Erfolgsfaktor
Klar ist also: Der Einsatz von KI kann Unternehmen einen klaren Wettbewerbsvorteil verschaffen – solange sie die Technologie effektiv nutzen. Denn nicht für jedes Problem ist KI gleich die richtige Antwort. Cloud-Plattformen können Schulen als virtuelle Lernumgebungen dienen, Roboter können die Landwirtschaft oder Logistik unterstützen und IoT-Lösungen können die Energiebranche umkrempeln. Letztlich muss KI somit einen Bedarf treffen – und auf den Füßen eines tragfähigen Geschäftsmodells stehen. So bestätigt es auch David Kuczek, Partner bei HV Capital – der in Deutschland führende Venture Capitalist im Bereich KI:
„Idealerweise suchen wir Firmen, die nicht nur ein konkretes Problem via KI lösen, sondern die Nutzung auch monetarisieren können“
David Kuczek, Partner bei HV Capital
Erfolgreiche Tech Startups: Es muss nicht immer KI sein
„Ob es notwendig ist, KI zu verwenden, hängt sicherlich auch von der Branche und dem Geschäftsfeld ab. KI kann aber definitiv Prozesse vereinfachen und das Produkt verbessern. Die Vorteile von KI nicht zu nutzen wäre nicht förderlich bezogen auf den Erfolg eines Unternehmens“
Till Schlief, Gründer des KI-Startups ladeplan
Entscheidende Vorteile für KI-Startups in Deutschland
Nicht nur etablierte Unternehmen haben Anreize, KI in ihr Geschäftsmodell zu integrieren. Speziell in Deutschland haben junge Tech Startups inzwischen einige gute Gründe, auf die Technologie zu setzen:
- Zunehmende Investitionen in KI
Während die Investitionen 2023 in deutsche Startups insgesamt um 40 % gesunken sind, ist in KI-Startups ganze 330 % mehr Geld geflossen als im Vorjahr. Der deutsche Hoffnungsträger Aleph Alpha konnte beispielsweise eine Rekordsumme von mehr als 500 Mio. US-Dollar einsammeln. Dazu gibt es mittlerweile eigene Fonds, die sich auf die Technologie spezialisiert haben. Auch die Politik ist bemüht, KI-Technologien in Deutschland weiter auszubauen. 2022 hat der Bund daher fünf KI-Kompetenzzentren gestartet, die jährlich mit 50 Mio. Euro gefördert werden. Zwar gibt es immer noch eine große Lücke zu Vorreitern wie den USA oder China, allerdings scheint die Notwendigkeit ausreichender Investitionen mittlerweile klar zu sein.
- Vertrauen in „KI Made in Germany”
Deutsche Startups genießen im Bereich KI das Gütesiegel für Vertrauen. Denn laut Bitkom spielt die Herkunft der KI-Lösung eine zentrale Rolle: 8 von 10 Unternehmen geben an, dass der Sitz des Anbieters für sie relevant ist. Und für alle von ihnen kommen demnach Deutschland oder die USA in Frage. Anders sieht es beispielsweise bei Ländern wie Indien oder Japan aus. Öffentliche Diskussionen über die Gefahren von KI zeigen, wie wichtig das Vertrauen in Anwendungen neben ihrer Leistungsfähigkeit sein kann. Deutsche Tech Startups können davon profitieren.
- Startups sind KI-Lieferanten
Geschwindigkeit ist ein entscheidender Faktor bei der Entwicklung von KI. Unternehmen, die ihre Innovationen nicht schnell genug anpassen, verlieren den Anschluss an ihre Konkurrenz. Tech Startups bieten oft ein spezifisches Know-How, auf das Unternehmen zugreifen können. Dazu sind ihre Lösungen bereits oft erprobt, sodass neue Lösungen schneller eingeführt werden können. Der Unternehmensberatung Deloitte zufolge beziehen daher 65 % der Unternehmen ihre KI-Leistungen von externen Partnern wie Startups.