Gründungen in Deutschland nehmen wieder zu
Der aktuelle Aufschwung in der Gründungsaktivität ist unübersehbar. Laut einem exklusiven Bericht des Handelsblatts, basierend auf Daten von Startupdetector und dem Hightech Gründerfonds, stieg die Zahl der neu gegründeten Startups im ersten Quartal 2024 um satte 17 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Ein ermutigendes Signal inmitten einer Zeit, die von wirtschaftlichen Unsicherheiten und geopolitischen Herausforderungen geprägt ist.
Neugründungen mit Fokus auf Künstlicher Intelligenz und B2B
Doch während KI-basierte Startups florieren, zeigt sich ein rückläufiger Trend im Bereich Nachhaltigkeit. Die Zahl der Gründungen mit Fokus auf Nachhaltigkeit hat sich seit dem ersten Quartal 2022 fast halbiert. Dies könnte darauf hindeuten, dass andere Technologien derzeit im Fokus stehen oder dass die Nachhaltigkeitsagenda in den Hintergrund gerückt ist.
Neben KI zeigt der Startupdetector Report 2024 auch eine bemerkenswerte Zunahme von Business-to-Business (B2B) Startups. Mit einem Anteil von 55 Prozent an allen Neugründungen und einem Anstieg von 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr konzentrieren sich immer mehr Unternehmen darauf, Lösungen und Dienstleistungen für andere Unternehmen anzubieten. Vor allem im Industrie-, Logistik- und Werbesektor sind B2B-Startups weit verbreitet.
Dieses Bild bestätigt sich auch mit Blick auf einzelne Regionen. So zeigt Ostwestfalen-Lippe in Nordrhein-Westfalen ebenfalls einen starken Fokus auf B2B-Startups, wie es der Startup Monitor OWL der Founders Foundation bestätigt. Rund 82% der dort gegründeten Startups haben einen B2B-Fokus, was darauf hinweist, dass sie neue Technologien in den Mittelstand bringen und Innovationen vorantreiben.
Trotz des positiven Trends bei den Neugründungen bleibt die Finanzierungssituation weiterhin eine Herausforderung. Seit dem Rekordjahr 2021 ist die Zahl der Finanzierungsrunden leicht rückläufig. Die vorsichtige Haltung der Investoren erschwert es Startups, ausreichend Kapital für ihr Wachstum zu erhalten. Besonders die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der globalen Wirtschaft belastet nach wie vor die Investitionsbereitschaft.
Die Forderung nach einer Erhöhung der Investitionskraft und staatlichen Unterstützung, wie sie von Dr. Ute Günther, Vorstand bei Business Angels Deutschland e.V., und anderen Stimmen aus der Branche erhoben wird, unterstreicht die dringende Notwendigkeit, die Finanzierungssituation für Startups zu verbessern und die Innovationskraft zu fördern.
Es bleibt abzuwarten, ob der positive Trend der ersten Monate des Jahres 2024 anhält und ob sich die Gründungsdynamik weiter verstärkt. Verena Pausder, Vorstandsvorsitzende des Startup-Verbands hat eine klare Haltung: „Das Negativ-Narrativ, das derzeit mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland bedient wird, teile ich nicht. Wir haben das Ziel, wirklich etwas zu verändern.“
So profitieren etablierte Unternehmen von Neugründungen
Langfristiger Aufschwung braucht Innovation in der Fläche
Geht es darum, die Startup-Szene in Deutschland zu betrachten, sind neben den Großstädten die ländlich geprägten Regionen nicht zu vernachlässigen. Laut dem Neugründungsreport des Startup-Verbands Deutschland tun sich besonders ländlich geprägte Regionen schwer beim Aufbau von Startup-Ökosystemen. Hier sei es wichtig, die Breite zu stärken und vorhandene Startups ausreichend zu vernetzen.
Das verdeutlichen auch die Ergebnisse des 3. OWL Startup Monitors, der zwischen 2019 und Mitte 2023 knapp 200 neue Startups in der Region Ostwestfalen-Lippe verzeichnete. Das noch vergleichsweise junge Ökosystem wird damit zunehmend Blaupause für Flächenregionen in Sachen Neugründungen. Besonders im B2B-Bereich tragen Startups in OWL maßgeblich zur Innovation bei, wobei Kooperationen mit dem Mittelstand eine entscheidende Rolle spielen.
„Der Monitor verdeutlicht: Die Kooperation zwischen Startups und etablierter Wirtschaft zeigt erste Erfolge im Gründungsgeschehen. Dennoch offenbart er ungenutztes Potential, vor allem im Wissenstransfer von Forschung in die Praxis sowie in der Anziehung von Talenten und Wagniskapital. OWL ist auf dem Sprung – jetzt braucht es den Blick der Wirtschaft auf unser Innovationspotenzial.“, betont Dominik Gross, Mitgründer und Geschäftsführer der Founders Foundation.
Konferenzen wie die Hinterland of Things Conference am 13. Juni 2024 in Bielefeld zeigen, wie Vernetzung zwischen Startups und etablierten Unternehmen funktioniert: Als bedeutendes Event im Technologiesektor bringt sie rund 2.500 führende Köpfe aus Familienunternehmen, Mittelstand, Startups und Investoren zusammen.
Hinterland of Things Konferenz vernetzt Innovatoren in Ostwestfalen-Lippe
Unter dem Motto „Go Beyond“ werden in diesem Jahr die akutesten wirtschaftlich und gesellschaftlich relevanten Themen rund um den technologischen Fortschritt in den Bereichen „Productivity & Artificial Intelligence (AI)“ , „Climate Tech“ , „Industrial Tech“ und „EdTech“ beleuchtet. Die Fokusthemen ermöglichen den persönlichen Austausch unter anderem zum Trend-Thema Künstliche Intelligenz bei den Neugründungen.
„Startups sind zentraler Baustein für eine zukunftsfähige Volkswirtschaft“, unterstreicht Christian Miele, Vorstandsvorsitzender des Startup-Verbandes. „Mit Berlin und München haben wir zwei Hotspots mit internationaler Strahlkraft. Jetzt ist es wichtig, unsere Stärken in der Fläche zu nutzen und auch jenseits der Metropolen erfolgreiche Startup-Ökosysteme zu entwickeln.“