Rechtliche Themen stehen bei einer Gründung häufig erst einmal nicht im Fokus. Über eine Frage stolpern angehende Gründer:innen aber doch früher oder später: Welche Rechtsform ist die beste für mein Startup? Dafür gibt es leider keine one-fits-all-Lösung. Vor- und Nachteile einzelner Optionen müssen individuell abgewogen werden.
Die wesentlichen Kriterien, die dabei als wichtig empfunden werden, ähneln sich dabei aber immer wieder. Deshalb wollen wir euch hier einige wichtige Grundlagen zu diesen Kriterien mit auf den Weg geben.
Schritt 1: Welche Startup Rechtsformen gibt es überhaupt für Gründungen jeglicher Art?
Die Zahl der Rechtsformen, zwischen denen ihr für euer Unternehmen wählen könnt, ist groß. Wir konzentrieren uns deshalb auf die wichtigsten von ihnen. Die Rechtsformen lassen sich dabei für die Vergleiche zu den einzelnen Kriterien in drei Kategorien einteilen: Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften.
Einzelunternehmen bestehen – wie der Name schon sagt – aus einer einzigen Person, der das Unternehmen „gehört“. Auch hier kann es noch kleinere Unterschiede geben, die wir hier aber erst einmal ausblenden. Nicht gemeint ist damit übrigens eine GmbH oder UG, die jemand alleine gegründet hat (sog. Ein-Personen-GmbH). Gründerteams können also kein Einzelunternehmen gründen.
Personengesellschaften – die wichtigsten sind die GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts), die OHG (Offene Handelsgesellschaft) und die KG (Kommanditgesellschaft) – bestehen immer aus mehreren Personen. Sie können also (mit Ausnahme der GmbH & Co. KG) nicht von einer Einzelperson gegründet werden. Die Unterschiede zwischen der GbR und der OHG haben dabei in den letzten Jahren stark abgenommen. Letztlich ist die GbR eine „kleine OHG“. Bei der KG gibt es dagegen einige Besonderheiten, die insbesondere die Haftung einiger Gesellschafter betreffen.
Kapitalgesellschaften – insbesondere die GmbH, die UG und die AG – können einen oder mehrere Gesellschafter haben. Für sie gelten außerdem völlig andere Regelungen, was insbesondere die Haftung und die Steuern betrifft. Vor allem große Unternehmen und Unternehmensgruppen sind häufig als Kapitalgesellschaften organisiert. Auch als „Einstiegsrechtsform“ sind sie aber absolut geeignet.
Schritt 2: Wie schneiden die Startup Rechtsformen in den einzelnen Kategorien ab?
- Haftung
Hier gilt für die Einzelunternehmen und die Personengesellschaften grundsätzlich das Gleiche: Alle Gesellschafter haften mit ihrem ganzen Vermögen (auch dem Privatvermögen) in voller Höhe (nicht nur anteilig) für alle Verbindlichkeiten des Unternehmens. Eine Ausnahme bildet die KG: Hier gibt es Gesellschafter, die vollständig haften und andere, die nur beschränkt haften.
Bei den Kapitalgesellschaften ist die Haftung anders geregelt. Hier haftet grundsätzlich nur die Gesellschaft mit ihrem Vermögen. Das Privatvermögen der Gesellschafter bleibt unangetastet. Allerdings ist das nur ein Teil der Wahrheit. Geschäftspartner:innen (und insbesondere Banken) wissen natürlich von dieser begrenzten Haftung. Sie verlangen deshalb häufig zusätzliche Sicherheiten, die meistens von den Gesellschafter:innen selber gestellt werden müssen. So kann es (z.B. durch eine Bürgschaft) doch noch zu einem Zugriff auf das Privatvermögen kommen. Außerdem brauchen Kapitalgesellschaften mindestens eine:n Geschäftsführer:in.
Gerade bei Startups übernehmen diese Aufgabe häufig die Gesellschafter:innen. Erfüllt ein:e Geschäftsführer:in seine/ihre Pflichten nicht (richtig), haftet er/sie aber für den daraus entstehenden Schaden grundsätzlich ebenfalls mit seinem/ihrem gesamten Vermögen. Auch hier besteht also eine Gefahr für das Vermögen der sog. Gesellschafter-Geschäftsführer. Trotzdem ist der Schutz vor Haftung bei Kapitalgesellschaften deutlich größer als bei den anderen Rechtsformen.
- Kreditwürdigkeit
Die unterschiedlichen Regelungen zur Haftung wirken sich erheblich auf die Kreditwürdigkeit der Unternehmen aus – und zwar spiegelbildlich.Ein:e Einzelunternehmer:in haftet mit grundsätzlich mit seinem/ihrem gesamten Privatvermögen – dazu gehören übrigens auch Beteiligungen an anderen Unternehmen. Durch diese (potenziell) große Haftungsmasse besteht in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreditwürdigkeit – natürlich immer in Abhängigkeit von den persönlichen Vermögensverhältnissen.
Bei Personengesellschaften gilt letztlich das Gleiche – nur mit der Besonderheit, dass in den meisten Fällen sogar mehrere dieser vollständig haftenden Schuldner:innen zur Verfügung stehen, was die Kreditwürdigkeit weiter erhöht.
Die eingeschränkte Haftung der Kapitalgesellschaften führt dagegen zu einer ebenso begrenzten Kreditwürdigkeit. Ausgeglichen wird dieses Defizit häufig darüber, dass die Gesellschafter:innen über die Stellung von Sicherheiten in die Haftung einbezogen werden (s.o.). Mit steigendem Unternehmenswert und zunehmender Ertragskraft reduziert sich dieser Faktor aber, weil dann mehr „Haftungsmasse“ im Unternehmen steckt und die persönliche Bonität demgegenüber an Gewicht verliert.
- Aufwand
Beim rechtlich erforderlichen Verwaltungsaufwand, den die einzelnen Rechtsformen mit sich bringen, gibt es ebenfalls gewisse Unterschiede.Der Gründungsaufwand ist dabei beim Einzelunternehmen am geringsten – hier muss man sich ja auch mit niemandem einigen. Auch viele Personengesellschaften kann man grundsätzlich „einfach so“ gründen. Unter Umständen entstehen sie sogar (gewollt oder nicht) ganz von allein – also ohne eine „formelle“ Gründung. Bei den Kapitalgesellschaften ist der Gründungsaufwand dagegen höher. Hier braucht man zwingend einen Notar. Unabhängig von der Rechtsform sollten sich gerade Gründerteams aber in jedem Fall zumindest grundlegend rechtlich beraten lassen.
Beim laufenden Aufwand reduzieren sich die Unterschiede. Allerdings ist dieser bei den Kapitalgesellschaften tendenziell höher. Hier hängt letztlich aber auch einiges von der Unternehmensgröße ab.
- Steuern
Die Besteuerung der einzelnen Gesellschaftsformen ist schon für sich genommen ein Thema, das den Rahmen, der uns hier zur Verfügung steht, sprengen würde.Als grobe Faustformel lässt sich sagen: Bei kleineren Unternehmen, bei denen die Inhaber:innen unmittelbar von den Erträgen leben wollen, ist die Gründung eines Einzelunternehmens bzw. einer Personalgesellschaft oft steuerlich günstiger. Sollen die Erträge dagegen in der Gesellschaft bleiben und für weitere Investitionen genutzt werden, haben Kapitalgesellschaften häufig Vorteile.
- Holdingstrukturen
Ein weiteres Thema, das immer wieder von Gründungsinteressierten angesprochen wird, betrifft die Frage, ob die Gründung einer oder mehrerer Holding-Gesellschaften sinnvoll ist.Holdinggesellschaften können dabei je nach Konstruktion des Gesamtunternehmens unterschiedliche Zwecke erfüllen. Neben einer organisatorischen und häufig auch haftungsrechtlichen Trennung kommt es den Teams dabei nicht selten auch auf steuerliche Vorteile an. Dabei geht es übrigens nicht um irgendwelche dubiosen „Steuertricks“, sondern um die Nutzung von Regelungen, die der Gesetzgeber ganz bewusst geschaffen hat.
Die Effekte, die (in jeder Hinsicht) mit Holdinggesellschaften erzielt werden können, sind wesentlich größer, wenn das Unternehmen aus Kapitalgesellschaften besteht. Bei anderen Rechtsformen ist der Nutzen eher gering, auch wenn Abweichungen in Sonderfälle natürlich in beide Richtungen möglich sind.
Nicht vergessen sollte man bei der Planung solcher Holdingstrukturen, dass jede weitere Gesellschaft zusätzlichen Gründungsaufwand und laufenden Aufwand verursacht. Kosten und Nutzen müssen hier immer individuell abgewogen werden.
- Investoren/Business Angels/etc.
Ist der Einstieg eines/einer Investors/Investorin o.ä. in das Unternehmen und/oder eine spätere Veräußerung geplant, ist fast immer die Gründung einer Kapitalgesellschaft zu empfehlen.Ohne hier zu tief in die Einzelheiten einsteigen zu wollen, bestehen bei Kapitalgesellschaften in der Regel mehr bzw. für eine:n Investor:in interessantere Möglichkeiten der rechtlichen Gestaltung eines solchen Projekts. Denkt man an „große“ Unternehmen, ist z.B. die Frage der Kreditwürdigkeit einer einzelnen Tochtergesellschaft (s.o.) weniger relevant als die haftungsrechtliche Trennung der einzelnen Unternehmensteile. Da es sich bei solchen Unternehmen außerdem häufig selbst um Kapitalgesellschaften handelt (s.o.), ist die Integrierung einer weiteren Kapitalgesellschaft regelmäßig einfacher.
Wird das Unternehmen bzw. werden Teile davon später veräußert, kommen außerdem die oben erwähnten Steuervorteile einer Beteiligungs-GmbH/-UG zum Tragen, sofern die Gewinne in der Beteiligungsgesellschaft bleiben und für neue Projekte/Investitionen zur Verfügung stehen sollen.
- Perspektive
Diese wichtigsten Rechtsformen existieren größtenteils schon seit vielen Jahrzehnten. Trotzdem unterliegen die gesetzlichen Vorschriften dazu einer ständigen Veränderung. Manchmal geht es nur um Details. Gelegentlich gibt es aber auch größere Änderungen. Im Jahr 2024 steht z. B. eine größere Reform des Personengesellschaftsrechts an. Eine einmal als „passend“ gefundene Rechtsform kann sich also nicht nur wegen Veränderungen im Unternehmen nach einer Weile als nicht mehr ideal herausstellen, sondern auch deshalb, weil sich die gesetzlichen Regelungen geändert haben.Es ist deshalb sinnvoll, die eigene Situation von Zeit zu Zeit zu überdenken und – falls nötig – eine kurze Rücksprache mit geeigneten Berater:innen zu nehmen.
Schritt 3: Und welche Rechtsform passt jetzt zu euch und eurem Startup?
Viele Startups entscheiden sich letztlich für die Gründung einer Kapitalgesellschaft. Zwingend ist das aber natürlich nicht, zumal die Gründe für diese Entscheidung völlig unterschiedlich sind.
Entscheiden müsst ihr das am Ende deshalb natürlich selbst.
Dafür solltet ihr euch zunächst untereinander abstimmen. In fast jedem Fall gibt es irgendein Ausschlusskriterium, das die Auswahl schon erheblich einschränkt (z.B. besondere Haftungsrisiken). Noch viel wichtiger als zu wissen, was ihr nicht wollt, ist aber die Frage, was ihr wollt (z.B. ein von vorneherein erforderlicher Einstieg eines Investors). Welche Aspekte sind für euch von besonderer Bedeutung?Wenn ihr euch darüber einig seid, gibt es häufig noch einige Detailfragen zu klären. Informiert euch deshalb als nächstes, welche Unterstützung oder Beratung ihr kostenfrei oder kostengünstig in Anspruch nehmen könnt.
Für alles, was übrig bleibt – also mögliche Spezialfragen und die (rechtlichen) Umsetzung eures Plans – solltet ihr dann Profis ins Boot holen. Ob dafür am Ende ein Mustervertrag vom Notar, einem Verband o.ä. reicht oder ihr eine maßgeschneiderte Lösung braucht, hängt dann wieder vom Einzelfall ab.
___Rechtlicher Hinweis: Bitte beachtet, dass eine Lektüre dieses Beitrags in keinem Fall eine Rechtsberatung ersetzt. Sollte Ihr Fragen haben, setzt Euch gerne mit uns in Verbindung.
Über den Autor
Andreas Vogelpoth ist Rechtsanwalt bei der mittelständischen Kanzlei Aulinger in Bochum und berät dort u.a. Gründerteams und junge Unternehmen in verschiedensten Situationen und zu unterschiedlichen Themen.
Dabei kann es ebenso um die Wahl der passenden Rechtsform gehen wie z.B. um die Gestaltung von AGB, die Prüfung von Verträgen, die Beteiligung von Mitarbeitern am Unternehmen oder auch die Vertretung im Streit mit Vertragspartnern.
Darüber hinaus ist er im steuerrechtlichen und strafrechtlichen Bereich tätig und kennt auch diese Seiten unternehmerischer Tätigkeit, was in der Gründungsphase natürlich vor allem unter präventiven Gesichtspunkten eine Rolle spielt.