No-Code und KI: Was steckt dahinter?
„Jeder auf der Welt ist jetzt ein Programmierer“ – mit dieser Aussage sorgte der Nvidia-Chef Jensen Huang in diesem Jahr weltweit für Schlagzeilen. Seine Botschaft: Künftig muss sich niemand mehr durch Einsen und Nullen wühlen, sondern überlässt diese Arbeit einfach Künstlicher Intelligenz (KI). Was im ersten Moment nach ferner Vision klingt, ist teilweise schon Realität. Weltweit nutzen Entwickler:innen bereits KI-Copilots, die sie beim Coden unterstützen und ihnen lästige Arbeit abnehmen. Doch das soll erst der Anfang sein: Inzwischen versprechen sogenannte AI-First Code-Editoren, dass selbst Laien marktreife Apps entwickeln können – mit wenigen Klicks und ganz ohne Programmierkenntnisse.
Nötig sind dazu nur Anweisungen in natürlicher Sprache, welches Problem in welcher Form gelöst werden soll. Vor allem angesichts des Fachkräftemangels im IT-Bereich könnte das für Tech Startups völlig neue Möglichkeiten eröffnen.
Wie funktionieren AI-First Code-Editoren?
Wer noch nie programmiert hat, steht bei der gewöhnlichen Software-Entwicklung quasi vor einer unlösbaren Aufgabe. Anders ist es bei No-Code-Plattformen: Mithilfe von intuitiven Nutzeroberflächen lassen sich ganze Websites und Apps erstellen, ohne dabei auch nur eine Zeile Code zu schreiben. Der Einsatz von KI wirkt dabei nun wie ein Booster: Die Plattformen integrieren Large Language Models (LLM) wie OpenAI GPT, um die Zugangshürden noch weiter zu senken. Im Kern geht es dabei um folgende Schritte:
1. Prompten: Nach dem Prinzip von bekannten KI-Tools wie ChatGPT müssen User zunächst einen passenden Prompt formulieren. Welche Art von Software möchtest Du entwickeln? Was ist das Ziel? Welche Funktionen sind nötig? Die Anweisungen sollten so konkret wie möglich sein, da sie als Basis für das gesamte Projekt dienen. Teilweise lassen sich daher auch Screenshots von ähnlichen Websites hochladen, an denen sich das Projekt orientieren kann.
2. Anpassen: Schon nach kurzer Zeit liefern die Tools erste Ergebnisse. Je nach Tool ist das nicht nur der programmierte Code, sondern bereits eine Vorschau der fertigen Oberfläche. Das bedeutet auch: Alle Funktionen lassen sich direkt testen. Kommt es dabei zu Fehlern oder sollen noch weitere Funktionen eingebaut werden, können User das über neue Prompts mitteilen. Das Tool zeigt dabei Schritt für Schritt an, woran es gerade arbeitet.
3. Launchen: Nachdem alle Änderungen umgesetzt sind, kann das Projekt noch mit einer Domain verknüpft oder im App-Store veröffentlicht werden. Auch hierzu geben die Tools den Usern teils konkrete Anleitungen an die Hand.
Welche Tools gibt es?
Der Markt für KI-basierte No-Code-Lösungen nimmt aktuell immer mehr Fahrt auf. Noch mehr Funktionen, noch leichtere Bedienung – die Tools haben sich zuletzt rasant entwickelt und werden für Laien somit immer interessanter. In den Fokus rückten zum Beispiel die folgenden Lösungen:
Cursor AI: Das Tool des US-Startups Anysphere gilt als Vorreiter unter den AI-First-Editoren. Die Lösung wird als integrierte Entwicklungsumgebung (IDE) angeboten, muss also als Software installiert werden. Cursor AI zeichnet sich vor allem durch viele Anpassungsmöglichkeiten aus, mit denen sich auch komplexe Apps entwickeln lassen. Allerdings: Wer diese Funktionen auch in vollem Umfang nutzen möchte, sollte gewisse Programmierkenntnisse mitbringen.
Bolt.new: Für eine neue Generation von No-Code-Lösungen steht bolt.new. Ohne vorherige Installation lassen sich Apps und Websites direkt über ein Browsertool entwickeln. Bahnbrechend ist dabei vor allem die Nutzerfreundlichkeit: User geben alle Anweisungen per Prompts und können in einer Vorschau sofort sehen, wie das Projekt später aussehen wird. Grundsätzlich ist es daher auch ohne Erfahrung möglich, innerhalb von Minuten eine fertige App zu bauen. Wichtig: Das Tool befindet sich – wie viele ähnliche Lösungen auch – aktuell noch in der Beta-Phase. Dazu ist es bislang eher ungeeignet, komplexere Projekte zu entwickeln.
Wie können Gründer:innen die Tools für sich nutzen?
Keine langen Entwicklungszeiten, keine Suche nach IT-Experten, Ideen direkt umsetzen – AI-First Code-Editoren bieten für Tech Startups ein riesiges Potential. Auch ohne Programmiererfahrung lassen sich digitale Lösungen entwickeln, die ansonsten viel Zeit und Geld kosten würden. So kannst du die Tools für Dein Startup nutzen:
Pitch Deck: Mit kurzen Stichpunkten bringst Du Deine Idee auf den Punkt, mit Bildern machst du sie greifbar, durch Storytelling rundest Du sie ab. Doch was ist, wenn Du Investor:innen bereits ein vorläufiges Produkt liefern kannst? AI-First Code-Editoren können Dir dabei helfen, erste Prototypen in deine Präsentation einzubauen.
Proof of Concept (PoC): Auch für Deine interne Planung ist es ein riesiger Vorteil, in kürzester Zeit erste Prototypen zu entwickeln. Als Gründer:in stellst Du schnell fest, welche Lücken Dein Vorhaben noch in der Umsetzung hat. Falls du mit Entwickler:innen zusammenarbeiten möchtest, kannst Du ihnen auch sofort erste Codes präsentieren, anstatt Deine Idee etwa über Mockups zu beschreiben. Minimum Viable
Product (MVP): Nachdem Du die ersten Prototypen erfolgreich getestet hast, kannst Du sogar ein erstes Produkt auf den Markt bringen. Auch hierbei ist der geringe Zeitaufwand ein enormer Vorteil. Mithilfe von AI-First Code-Editoren kannst Du Dir noch schneller das Feedback von Kund:innen einholen und Dein Produkt daraufhin weiterentwickeln.
Wo steckt der Haken?
Klar ist: Trotz ihres Potentials können AI-First Code-Editoren noch lange keine Co-Founder mit Programmierkenntnissen ersetzen. Das zeigt ein Blick auf die Schwächen der Tools:
Keine Skalierung: Bereits nach dem Test des MVPs muss ein Prototyp in der Regel angepasst werden. Fehler beheben, weitere Funktionen einbauen, neue Sprachen oder Grafiken einrichten – mit der ersten Programmierung ist Deine Software noch lange nicht bereit für den breiten Markt. Ganz im Gegenteil: Um sich nach und nach durchzusetzen, müssen Apps und Websites ständig aktualisiert und betreut werden. Da dies auch immer komplexer werden kann, brauchen Startups hierzu nach wie vor erfahrene Entwickler:innen an Bord.
Kosten: Genau an diesem Punkt werden AI-First Code-Editoren auch schnell teuer. Zwar sind simple Projekte zunächst kostenlos, mit der Zahl an Funktionen steigen allerdings auch die Kosten. Sobald Du Deine Idee also weiter skalierst, musst Du auch immer mehr zahlen. Um das zu vermeiden, solltest Du vorab konkret planen, wofür Du das Tool nutzen möchtest.
Fehleranfälligkeit: Hinter den Tools entscheiden Sprachmodelle anhand einer Wahrscheinlichkeit, wie der generierte Code aussehen soll. Und dabei schleichen sich oft noch Fehler ein: Zwei von drei Entwickler:innen sehen das größte Problem darin, dass man sich noch nicht auf KI-Tools verlassen kann. Am Ende braucht es also wieder erfahrene IT-Experten, um hinter der KI aufzuräumen und den Überblick zu behalten.
Fazit: Große Chancen, aber (noch) lange kein Ersatz!
Als Gründer:in bietet Dir der rasante Fortschritt von No-Code-Lösungen völlig neue Möglichkeiten. In kürzester Zeit lassen sich Ideen in erste Prototypen übersetzen – zu geringen Kosten und ohne technisches Know-How. Hilfreich ist das vor allem, um Investor:innen zu überzeugen oder Deine Idee erstmals an Kund:innen zu testen. Doch spätestens wenn Dein Projekt größer wird, benötigst Du nach wie vor einen Co-Founder mit Programmiererfahrung. Bis zur ersten „one-person billion dollar company“, wie sie von OpenAI-Gründer Sam Altman prophezeit wird, ist es daher wohl noch ein langer Weg.
Falls Du aber schon jetzt loslegen möchtest und noch Verstärkung in deinem Team brauchst, solltest Du unser Co-Founder Matching am 20. Februar nicht verpassen. Im Founders Home kannst Du dich mit Gleichgesinnten vernetzen und gemeinsam