Frisch gegründet, das eigene Bielefelder Flutlicht Bier der Ravensberger Brauerei seit Dezember 2016 auf dem Markt – und plötzlich liegt eine offizielle Anklage der Wettbewerbszentrale in der Post.
Das passierte Mike Cacic im vergangenen Jahr. Wie es ihm gelungen ist, den Super-GAU zu einem echten Erfolg umzuwandeln und was er daraus gelernt hat, erzählte Mike im Gespräch mit Startup Region_OWL. Denn: wo andere aufgegeben hätten, erschuf er praktisch sein eigenes Sommermärchen.
Das Flutlicht Bier sorgt für Ärger
Anfang Mai 2017 erhielt Mike Cacic besagten Brief von der Wettbewerbszentrale in München, die ihm wegen des auf den Flaschenetiketten aufgedruckten Spruchs „Endlich kein Bier mehr aus Herford“ Verunglimpfung und Herabwürdigung eines Mitbewerbers vorwarf. Auch die deutlichere Kennzeichnung des Brauorts wurde abgemahnt, da auf dem Label der Firmensitz Bielefeld genannt wurde, das Bier aber im Kreis Höxter gebraut wurde. Sollte Mike eine Unterlassung nicht unterzeichnen, so käme es zum Prozess. Uff!
Was geht einem in diesem Moment durch den Kopf?
„Ich dachte zuerst an einen Scherz oder Spam, da man ja manchmal auch unseriöse Briefe erhält“ erinnert sich Mike Cacic. „Schließlich waren wir ja erst ein paar Monate auf dem Markt und unsere Mengen sowie unsere Existenzgröße noch sehr klein.“
Den jungen Unternehmer treffen die Vorwürfe wie ein Blitz aus heiterem Himmel, doch er bewahrt einen kühlen Kopf. Er versucht zunächst, sich einen Überblick über die rechtliche Lage zu verschaffen, erklärt der Wettbewerbszentrale seine Situation und erreicht eine Frist: In drei Monaten muss er die bislang produzierten 160.000 Flaschen mit den alten Etiketten verkaufen.
Aus einem FuckUp wird eine weltweite PR-Aktion
Mike Cacic nimmt die Herausforderung an. Und anstatt im stillen Kämmerlein zu jammern oder zu tüfteln, spielt er mit offenen Karten und wendet sich an die Öffentlichkeit. „Ich hab überlegt, wie ich aus der Situation mit möglichst wenig Verlust und Schmerzen herauskomme“, so der 29-Jährige. „Also habe ich mich an die lokale Presse gewandt, ihnen die Lage erklärt und gefragt, ob man darüber berichten mag.“ Was daraufhin folgt, ist eine Verselbständigung und ein Medienecho wie aus einem Hollywoodfilm.
Die „Bild“-Zeitung wird auf die Story aufmerksam, Posts in den sozialen Medien erhalten tausende Likes und Kommentare, neben deutschlandweiten Zeitungen berichtet das Fernsehen, vom Live-Interview mit der WDR Lokalzeit bis hin zu RTL, Sat.1 und Pro Sieben. Mike erhält über Nacht mehr als tausend E-Mails.
„Unsere Geschichte ging wirklich rund um die Welt“, erinnert sich Mike Cacic. „Das war verrückt, einfach unfassbar. Ich hielt es gar nicht für real, was da passiert und kam aus dem Schmunzeln gar nicht heraus.“
In der Not kommt aber auch völlig unerwartete Unterstützung von anderen Unternehmer:innen aus Bielefeld. Die Kanzlei Rostek bot Mike Rechtsbeistand an und auch die Marketingagentur 3D Werk sagte ihm Hilfe zu.
„Ein absoluter Glücksfall“, freut sich Mike. Gemeinsam entwickeln sie die Kampagne „160.000 Flaschen, 3 Monate Zeit, Euer Durst“ – mit Erfolg! Alle Flaschen wurden verkauft, alle Auflagen erfüllt.
Fünf Minuten ärgern, dann wird nach vorne geblickt
Ein Kampf David gegen Goliath, den Mike Cacic mit der richtigen Mischung aus Sportsgeist, Zuversicht, Humor und Transparenz zum Guten gewendet hat. Auch wenn es eine Menge Kraft und Nerven gekostet hat.
„Dass aus so etwas Verrücktem so viel Positives wird, mit so tollen Reaktionen der Leute, das gab einem in der Situation dann auch sehr viel Energie“, staunt Mike heute noch.
Aufgeben kam für ihn sowieso nicht in Frage. „Im ersten Moment, als ich den Brief gelesen habe, ging mir das natürlich schon durch den Kopf. Aber dann gab es nur noch die Möglichkeit zu schauen, wie man aus der Situation bestmöglich herauskommt. Alles andere entspricht nicht meiner Mentalität, betont der 29-Jährige.
„Wir haben einiges bewegt und aus einer sehr blöden Situation eine nervige gemacht, aber auch Positives erreicht in Form von Aufmerksamkeit und Sympathie.“
Hemmungen, neue Ideen weiterhin anzugehen, habe er nicht. „Es hat ja niemand böswillig gemacht. Wo gearbeitet wird, entstehen eben auch Fehler. Wir sind schließlich alle nur Menschen“, bleibt Mike gelassen. So hat er von Beginn an auch seine ganz eigene Methode, um mit Herausforderungen und Rückschlägen umzugehen:
„Ich gebe mir immer fünf Minuten Zeit, um mich zu ärgern, wenn etwas nicht gut lief. Dann darf ich jammern oder Selbstmitleid haben, aber danach reicht es, und es wird nach vorne geguckt.“
Große Pläne für „Flutlicht“ in 2018
Mike Cacic und das „Flutlicht“-Team geben auch 2018 Vollgas. „Wir stellen im ersten Quartal einen Bauantrag und wollen alte Industriehallen der Bielefelder Möllerwerke entkernen, sanieren und eine komplett neue Brauereianlage bauen. Im Gebäude 20 am Kupferhammer haben wir schon unsere neuen Büros.“ Auf den „Flutlicht“-Etiketten steht nun der Satz „Aus Überzeugung anders“.
Dazu hat Mike Cacic bereits sechs neue Biersorten entwickelt und während eines Tastings von Freiwilligen verkosten und bewerten lassen. Zu Februar oder März soll die nächste Sorte in der Flasche auf den Markt kommen.
Die Meinung der Kund:innen und Transparenz als Unternehmen sind für Mike extrem wichtige Faktoren: „Unser Motto ist: Mit und für die Kunden“, betont Mike. „Ich glaube, dass es nur funktionieren kann, wenn man mit den Leuten immer wieder kommuniziert.“
Feedback holt sich Mike auch weiterhin zu Plänen aus seinem Umfeld, spricht Ideen einfach mal laut aus oder schlafe mittlerweile auch noch mal eine Nacht über eine Entscheidung.
Aber er weiß auch: „Gerade als Gründer oder in der Gründungsphase hört man viele skeptische Meinungen. Doch am Ende muss man auf sein Gefühl vertrauen. Und ich finde es nach wie vor gut, wenn man mal etwas Freches und Ungewöhnliches macht.“