Was sind Open Data?
Drei Bedingungen müssen Daten erfüllen, damit wir von Open Data sprechen:
- Verfügbarkeit und Zugriffsmöglichkeit:
Die Daten stehen frei zur Verfügung, bevorzugt als Download aus dem Internet. Es darf maximal eine gut zu begründende Bearbeitungsgebühr erhoben werden. Die Daten müssen in einem zweckmäßigen und bearbeitbaren Format vorliegen.
- Verarbeitung und Weitergabe der Daten:
Open Data werden unter Bedingungen veröffentlicht, die eine Verarbeitung, Weitergabe und Zusammenführung mit anderen Datensätzen erlauben. Die Daten müssen maschinenlesbar sein.
- Universelle Partizipation:
Open Data stützt sich auf die Teilnahme aller: jede und jeder muss die Daten Nutzen, Verarbeiten und Weitergeben dürfen. Es darf keine Diskriminierung geben gegenüber relevanten Anwendungsbereichen, Personen oder Gruppen. Es darf keine Einschränkungen der Verwendung der Daten geben (z.B. eingeschränkt auf nur nicht-kommerzielle Anwendungen).
Zu den bekanntesten Open Data zählt die online Enzyklopädie Wikipedia. Dabei ist Wikipedia nicht nur Nachschlagewerk für Wissen und Fakten. Mit diesen Daten werden zum Beispiel Sprachmodelle im Bereich Natural Language Processing (NLP), einem Teilbereich der Künstlichen Intelligenz, auf diesen Daten trainiert und kommen dann in der automatisierten Sprachverarbeitung und in Übersetzungsdiensten zum Einsatz. Je mehr fachspezifische Texte zum gezielten Training von Sprachmodellen als Open Data zur Verfügung stehen, umso effizienter und besser sind die Ergebnisse in spezifischen Anwendungen, z.B. dem automatisierten Verständnis von Gesetzestexten.
Positiver Impact von Open Data
Open Data können auch Menschenleben retten, z.B. durch “Visualize No Malaria”. Diese Initiative hat die Art und Weise, wie Gesundheitsdaten zur Verbreitung von Malaria-Infektionen bereitgestellt werden vereinheitlicht und kombiniert diese Open Data mit weiteren offenen Geodaten, u.a. von Open Street Map. Darüber ist nun die aktuelle Ausbreitung von Malaria als Karte darstellbar. Regionen, die akut Bedarf an Malaria Prophylaxe haben, werden damit leicht identifiziert und es kann gezielt gehandelt werden. Diese Initiative hat ihren Beitrag dazu geleistet, dass insgesamt über den Zeitraum 2014 bis 2017 die Fallzahlen von Malaria im südlichen Sambia um 85 % reduziert worden sind und die Todeszahlen durch Malaria um 92 % gesunken sind – eine positive Auswirkung auf 1,8 Millionen Menschenleben durch den Einsatz von Open Data. Auch im Senegal konnten die Malariafälle damit um 60 % reduziert werden.
Die von der Europäischen Kommission veröffentlichte Studie “The Economic Impact of Open Data: Opportunities for Value Creation in Europe” (2020) hat den Mehrwert durch Open Data abgeschätzt, z.B., dass durch das Bereitstellen von Informationen öffentlicher Verkehrsmittel in Echtzeit und als Open Data helfen kann, jährlich Wartezeiten um 27 Millionen Stunden für alle europäischen Reisenden einzusparen, da Open Data-Anwendungen diese Informationen für eine effiziente Planungen nutzen können. Auch wurde dort ermittelt, dass der Einsatz von Echtzeit-Verkehrsdaten zu einer verbesserten Navigation von Rettungsdiensten bis zu 101 Menschenleben jährlich retten kann: in europäischen Großstadtgebieten führt der Einsatz von Echtzeit-Verkehrsdaten zu einer schnelleren Ankunftszeit in rund 19,4 % der Einsätze. In Stoßzeiten erhöht sich der Anteil auf 38,9 % der Einsätze.
Die Anwendung von Open Data am Beispiel Helsinki
Um diese Mehrwerte zu realisieren, hilft es aber nicht, nur die Daten zur Verfügung zu stellen, sondern die Daten müssen auch in Anwendungen genutzt werden. Das ist eine Möglichkeit für Gründer:innen und externe Expert:innen, Daten von Organisationen auf neue Art und Weise zu nutzen und daraus Innovationen zu entwickeln: Zum einen durch einen Perspektivwechsel auf zu lösende Probleme und zum anderen durch neue Impulse durch den Blick über den Tellerrand und dem Verknüpfen mit anderen Datenquellen und Fragestellungen. Die Bereitstellung von Open Data ermöglicht es Expert:innen und Startups, dauerhaft aktiv an Problemlösungen und Neuentwicklungen mitzuwirken.
Die Stadt Helsinki ist den Schritt sehr konsequent gegangen. Bereits seit 2011 werden sehr viele Daten der öffentlichen Hand (keine Personendaten) in dem Portal Helsinki Region Infoshare zur Verfügung gestellt. Zusätzlich wurde unter anderem auch ein Gesetz erlassen, dass alle Anbieter öffentlicher Verkehrsmittel Drittanbietern vollen Zugang zu ihrem Ticket-Buchungssystem schaffen müssen. Das ermöglicht nun Startups wie Whim Mobility-as-a-Service anzubieten, indem nur noch Start und Ziel der gewünschten Reise angegeben wird und Whim die optimale Auswahl an Transportmitteln, von Bus und Bahn, über Leihräder hin zu Taxis und Leihwagen ermittelt.
Auf dem Weg zur CO2 neutralen City hat Helsinki unter anderem auch den Energieverbrauch der öffentlichen Gebäude zur Verfügung gestellt. Eine Lösung ist dabei, für den Energieverbrauch und den Standort anhand von offenen Wetterdaten die optimalen Solarpanels zu ermitteln, eine Dienstleistung, wie es z.B. das finnische Startup Sun Energia anbietet. Basierend auf den Wetterdaten und Sonnenstunden, ermittelt das Startup die optimale Ausstattung und Ausrichtung an Solar Panelen.
Aus den Beispielen oben zeigt sich ein starkes Potenzial von Open Data für Startup und Unternehmen, dass diese Insights aus Open Data generieren und weitergeben können:
Open Data müssen genutzt und weiterverarbeitet werden. Sie sind Teil einer Lösung, denn alleinstehend bieten sie dem Endkunden noch keinen Mehrwert. Auch in der Wissenschaft und Forschung entstehen immer mehr Open Data. Die Idee ist, dass Wissen sich vermehrt, wenn man es teilt und auch hier wieder externe Expert:innen zur Schaffung von Mehrwerten und u.a. zur Überführung in neue Geschäftsmodelle beitragen können.
Open Data als Geschäftsmodell
Für Startup ist es aber auch möglich, Geschäftsideen mit dem Erheben offener Daten zu entwickeln. So können beispielsweise Konsument:innen ihre eigenen Daten als Open Data zur Verfügung stellen:
Crowdsourcing kann Daten einer Community liefern, um daraus z.B. Transparenz und Rückschlüsse zu optimalen Vertragsbedingungen zu schaffen. Ein Anwendungsfall ist beispielsweise die Vergleichbarkeit von Versicherungsbedingungen zu erhöhen und um Konsument:innen zu stärken, gemeinsam in einer stärkeren Verhandlungsposition auftreten zu können. Ein weiterer Fall ist die Erstellung einer Community-Plattform , wie Open Food Facts , um Daten rund um Lebensmittel-Produkte zu sammeln und zur Verfügung zu stellen, damit sich um die Plattform herum viele weitere Anwendungen in diesem Bereich etablieren.
Für bereits bestehende Unternehmen bieten Open Data die Möglichkeit, Startups darüber leichter in die Lösungsfindung zu ihren Problemen einzubinden. Eine Möglichkeit dazu wäre u.a. die Effizienzsteigerung in der Supply Chain eines Unternehmens, aber auch die Schaffung von Transparenz und damit einhergehend dann einem stärkeren Commitment von Kund:innen gegenüber einer Marke. Insbesondere Nike ist hier ein Vorreiter mit den offen zur Verfügung gestellten Informationen zu den Herstellern ihrer Produkte.
Von Open Data zu Linked Data
Die Zukunft von Open Data liegt nicht nur in der Veröffentlichung weiterer Open Data, sondern in der Verknüpfung von Open Data: Open Linked Data. Die Verknüpfung der Daten als Knowledge Graphen hilft dabei beim Auffinden und Verknüpfen relevanter Informationen. Das Projekt Open Data Germany bündelt beispielsweise Open Data im Bereich Tourismus für Deutschland. Damit wird die Digitalisierung und die Voraussetzung für innovative Produkte im Tourismus geschaffen: ein guter Ausgangspunkt für Startups, um Anwendungen zu entwickeln und zu unterstützen.
Über die Autorin
Dr. Meike Wocken arbeitet als Data Scientist und Standortleiterin in Bielefeld für die codecentric AG. Auch in ihrer Freizeit beschäftigt sie sich mit Daten und Digitalisierung und hat 2020 Code for Bielefeld mitgegründet. Code for Bielefeld ist Teil des ehrenamtlichen Netzwerks Code for Germany (www.codefor.de) zur Entwicklung digitaler Tools für die Stadtgesellschaft. Daten, Informationen und Wissen sollen so aufbereitet werden, dass sie vielen Menschen zugänglich sind und die Möglichkeiten der Digitalisierung allen Menschen zugute kommt.
Nutze Open Data für Dein Business
Quellen
- Open Knowledge Foundation, https://okfn.org/ (Abruf: 9.8.2021)
- The Economic Impact of Open Data Opportunities for value creation in Europe, Europäische Kommission (2020), https://data.europa.eu/sites/default/files/the-economic-impact-of-open-data.pdf (Abruf: 9.8.2021)
- Helsinki: open data for the benefit of anyone (2017), https://smartcityhub.com/governance-economy/helsinki-open-data-for-the-benefit-of-anyone/ (Abruf: 9.8.2021)
- Open Data: Utilising open data makes life easier for people (2018), https://www.myhelsinki.fi/en/business-and-invest/invest/open-data (Abruf: 9.8.2021)
- The city of Helsinki opens the energy consumption data of its public buildings to application developers to become a carbon-neutral city, Pressemeldung (03/2020), https://www.mynewsdesk.com/nuuka-solutions-sweden-ab/pressreleases/the-city-of-helsinki-opens-the-energy-consumption-data-of-its-public-buildings-to-application-developers-to-become-a-carbon-neutral-city-2984362 (Abruf: 9.8.2021)
- Open data: Driving growth, ingenuity and innovation, A Deloitte Analytics paper (2012), https://www2.deloitte.com/content/dam/Deloitte/uk/Documents/deloitte-analytics/open-data-driving-growth-ingenuity-and-innovation.pdf (Abruf: 9.8.2021)
- Open-Source Data Could Fix Fashion’s Supply Chains. Here’s How, Amy Nguyen (2021) https://www.forbes.com/sites/amynguyen/2021/05/13/open-source-data-could-fix-fashions-supply-chains-heres-how/?sh=5abbef00301d (Abruf: 9.8.2021)
- Tourismusbeauftragter Bareiß: „Reiseland Deutschland für Zeit nach der Corona-Pandemie gut aufstellen“, Pressemitteilung (06/2021) https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2021/06/20210623-tourismusbeauftragter-bareiss-reiseland-deutschland-fuer-zeit-nach-corona-pandemie-gut-aufstellen.html (Abruf: 9.8.2021)
- Open Data im Tourismus: das Open Data Projekt der Deutschen Zentrale für Tourismus e.V., https://open-data-germany.org/ (Abruf: 9.8.2021)